
Ein Sommer gegen den Strom
Ich hatte nie eine besondere AffinitĂ€t zum Wasser. Eine Kindheitserfahrung mit einem Beinahe-Ertrinken hatte mir eine gewisse Scheu gegenĂŒber dem Schwimmen hinterlassen. Doch diesen Sommer habe ich beschlossen, mich dem zu stellen: Ich habe meine drei Grundschwimmarten verbessert â und das Schmetterling-Schwimmen gelernt.
Das ist keine sportliche Leistung und kein persönlicher Rekord. Es ist vielmehr Ausdruck einer Ăberzeugung, die mich auch beruflich begleitet: Lernen ist wie ein Muskel. Und wie jeder Muskel muss er regelmĂ€ssig beansprucht werden, um sich zu entwickeln.
Die Falle des rein zweckgebundenen Lernens
Gerade in KMU wird Weiterbildung oft als punktuelle Massnahme verstanden: Eine Kompetenz fehlt â also wird geschult. Eine neue Software wird eingefĂŒhrt â ein Tutorial folgt.
Doch diese Sichtweise reduziert Lernen auf ein Reparaturwerkzeug, statt es als strategischen Entwicklungshebel zu nutzen. Laut der letzten CLO Survey haben ĂŒber 78 % der befragten Unternehmen bereits unter den Folgen verspĂ€teter oder fehlender Weiterbildung gelitten.
Mit anderen Worten: Es wird erst âtrainiertâ, wenn der Schmerz bereits spĂŒrbar ist.
Lernen ohne Druck: Eine Haltung entwickeln
Beim Schmetterlingsschwimmen habe ich keine fĂŒr meinen Job direkt verwertbare FĂ€higkeit erlernt. Aber ich habe mich wieder mit dem Lernprozess selbst verbunden: Eine Herausforderung erkennen, ihr begegnen, Fortschritte machen, korrigieren, wiederholen.
Dieser Prozess â den wir im Privaten hĂ€ufig erleben â fehlt oft in Unternehmen. Es geht darum, ohne akuten Anlass, aber mit RegelmĂ€ssigkeit und Anspruch zu lernen. Nicht, weil man muss â sondern, weil es zur professionellen Haltung gehört.
Vier konkrete Hebel fĂŒr den âSchmetterlingseffektâ im Lernen
- Informelles Lernen wertschÀtzen
Persönliche Lerninitiativen (z.âŻB. Sprachen, Sport, Kunst) fördern Motivation und Transfer. Warum nicht ein jĂ€hrliches Budget fĂŒr âfreie Kompetenzenâ anbieten? - Lern-Challenges im Team initiieren
Ein internes Lernformat wie âEine neue FĂ€higkeit in 30 Tagenâ stĂ€rkt sowohl Teamdynamik als auch individuelle Neugier. - Das Verlassen der Komfortzone begleiten
FĂŒhrungskrĂ€fte darin schulen, kognitive Stagnation zu erkennen, und sie befĂ€higen, passende Mikro-Herausforderungen anzubieten: PrĂ€sentationen, bereichsĂŒbergreifende Projekte, Reverse Mentoring⊠- Lernen als Haltung etablieren, nicht nur als Instrument
Eine echte Lernkultur erfordert mehr als neue Tools â sie verlangt ein neues Narrativ: Man lernt nicht, weil man etwas nicht kann, sondern weil man sich weiterentwickeln will.
Fazit: Der Schmetterlingseffekt existiert
Das Schmetterlingsschwimmen hat mein Leben nicht verĂ€ndert. Aber es hat mich daran erinnert, dass Lernen nicht an unmittelbaren Nutzen gebunden ist. Es reaktiviert eine innere Haltung â offen zu bleiben, bereit zu sein, sich weiterzuentwickeln.
Im Berufsleben wie im Alltag zÀhlt nicht nur das Ergebnis, sondern die Bewegung, die wir in Gang setzen. Und genau diese RegelmÀssigkeit, nicht punktuelle IntensitÀt, baut nachhaltige Kompetenzen auf.
In einer Zeit, in der sich Berufe rasant verĂ€ndern, ist genau diese FĂ€higkeit â tĂ€glich zu lernen â wohl eine der wertvollsten Ressourcen.
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